Letztes Jahr habe ich angefangen mich ein wenig mit der Fotografie von Pilzen zu beschäftigen. Dabei stellte ich fest, dass das Suchen und Fotografieren von Pilzen spannend und entspannend zugleich ist. Das Wandeln auf dem moosigen und mit Nadeln bedeckten Boden, die gedämpften Geräusche sowie der leichte Modergeruch - sprich die ganze sinnliche Atmosphäre des herbstlichen Waldes - wirken sehr beruhigend auf mich. Das Suchen nach geeigneten Pilzen hingegen ist gleichzeitig wiederum aufregend. Nicht alle Pilze sind leicht zu finden und gleich fotogen. Manche springen einem durch ihre intensive Farbe gleich ins Auge, wie der Fliegenpilz. Manche sind eher klein und unscheinbar und man muss sie erst auf dem Waldboden oder an herumliegendem Totholz entdecken. So zieht es einen immer tiefer in den Wald, wo menschengemachte Geräusche langsam verstummen. Dabei passiert es schon mal, dass ich ganz vergesse, aus welcher Richtung ich eigentlich gekommen bin und ich mich erst einmal orientieren muss. Aber genau das macht den Reiz bei der Pilzsuche aus. Egal ob man sie nun fotografiert oder fürs Abendessen sammelt, man taucht ein in die Atmosphäre des Waldes und vergisst für einen Moment den Alltag.
Ein interessanter Pilz reicht nicht - auch die Umgebung muss stimmen
Hat man endlich einen Pilz oder eine Gruppe von interessanten Pilzen gefunden, muss allerdings erst einmal geprüft werden, ob nicht nur der Pilz, sondern auch die Umgebung für ein ansprechendes Bild in Frage kommt. Denn nicht nur der Pilz muss in seiner Erscheinung etwas her machen, sondern auch die Umgebung muss stimmen. Je nach Bildidee darf sie weder zu viel von dem Motiv ablenken, noch darf sie zu eintönig wirken. Dabei ist auch die Wahl des Objektivs entscheidend. Mit einer langen Brennweite und einer offenen Blende lässt sich ein störender Hintergrund leicht ausblenden. Allerdings kann die geringe Tiefenschärfe auch den Wald zu sehr verschwinden lassen, sodass die Bilder recht flach wirken.
Interessanter Look mit einem Weitwinkelobjektiv
Um dem entgegenzuwirken und die Stimmung des Waldes, d.h. die Bäume, den Waldboden und die interessanten Lichtverhältnisse besser einfangen zu können, habe ich mir die letzten Male das Nikon 20mm 1.8 von meinem Freund Martin ausgeliehen. Das Weitwinkelobjektiv besitzt eine geringe Naheinstellungsgrenze und eine geringe Brennweite mit der es gelingt, genau diese Aspekte abzubilden. Der Pilz und der nadelnbedeckte Waldboden auf dem oberen Bild wirken viel plastischer. Einzelne Bäume sowie das durch die Äste fallende Licht im Hintergrund lassen den Wald lebendig wirken.
Focus Stacking: Mit der Nikon D850 leicht gemacht
Was beim Fotografieren von Pilzen natürlich sehr hilfreich ist, ist das sogenannte Focus Stacking, das ich bereits genauer in meinem Blogeintrag über die heimischen Orchideen erklärt habe. Damit lässt sich der ganze Pilz scharf abbilden, ohne die Blende zu weit schließen zu müssen. In der Vergangenheit musste ich allerdings den Fokus noch manuell verlagern, was öfters etwas ungenau und umständlich war. Die D850 hingegen besitzt eine automatische Focus Stacking Funktion, die einmal verstanden, sehr gute Ergebnisse erzielt. Allerdings hätte Nikon die Bedienung etwas einfacher gestalten und das Starten der Funktion bzw. das Auslösen direkt über einen programmierbaren Button ermöglichen können. So kann man die Funktion bisher immer nur über den Touchdisplay starten, was etwas nervig ist und einen Stack aus der Hand kaum zulässt.
Die verschiedenen Pilze
Pilze gibt es natürlich über das ganze Jahr zu entdecken. Doch bin ich da meistens hinter anderen Fotomotiven her. Überdies hinaus ist natürlich der Charakter des Waldes im Herbst besonders spannend. Letztes Jahr schien allerdings kein besonders gutes Pilzjahr hier im Taunus zu sein. Konnten wir 2019 massenweise Maronen und Steinpilze finden, waren es letztes Jahr vor allem Fliegenpilze, die im Wald, wo ich gelegentlich unterwegs bin, wachsen. Ab und an konnten wir noch einen Korallenpilz entdecken. Das wars dann aber schon. Wir werden sehen, wie die diesjährige Saison ausfällt. Es ist ja deutlich feuchter als 2020.
Über die Bildbearbeitung
Das nachträgliche bearbeiten von Bildern, das schon immer zur Fotografie gehört hat und nicht erst seit der digitalen Fototechnik existiert, ist eine Kunst für sich. Dabei sind einem keine Grenzen gesetzt und mit der Zeit entwickelt jeder seinen eigenen Stil. Bei Pilzbildern tue ich mir selbst noch sehr schwer. Oft sind die Lichtverhältnisse im dunklen Wald nicht optimal. Dadurch verliert man viel an Farbe und Konstrast bei der Aufnahme, die man dann nachträglich wieder ins Bild einfügen muss. Ich versuche immer meine Bilder recht dezent zu bearbeiten, doch ab und an muss man schon an einigen Reglern drehen, damit das Motiv, das eventuell mit bloßen Auge spannend aussieht, auch auf dem Bildschirm zu vollen Geltung kommt. Ich habe mir auch angewöhnt störende Elemente, wie Äste oder Blätter mit Photoshop einfach zu entfernen. Das ist auch etwas, was nicht jeder mag und man kann sich sicher lange darüber streiten, ob das so richtig ist oder nicht. Ich denke auch hier, wie bei der gesamten Wildlife-Fotografie ist einfach Transparenz angesagt und deshalb schreib ich das auch hier ganz offen dazu. Hier mal ein paar Vorher-/Nachher-Bilder, damit man mal sehen kann, wie ich meine Bilder nachträglich bearbeite.
Zum Abschluss noch ein Lesetipp
Immer wenn ich mich in den Wald aufmache und Pilze suchen sowie fotografieren gehe, muss ich an das Buch "The Mushroom at the End of the World" von Anna Tsing denken, in dem sie über die Produktionskette des wohl wertvollsten Pilzes der Welt schreibt: dem Matsutake Pilz. Das Buch beschreibt eindrücklich die Verflechtungen und Beziehungen zwischen Menschen, Pilzen, Wäldern und Handelsketten. Dabei begibt sie sich selbst auf die Suche nach den schwer zu findenden Pilzen in den Wäldern Oregons, Chinas und Finnlands und lernt dabei nicht nur die Lebensbedingungen der Sammler*Innen kennen, sondern auch die Art und Weise, wie man diesen Pilz in den kapitalistischen Ruinen, die wir Wald nennen, findet.
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